C4R Förderverein Deutschland über C4R
Christoph Landwehr, 1. Vorsitzender C4R Förderverein Deutschland über C4R
Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, gab es 2016 mehr als 20 Millionen Flüchtlinge auf der ganzen Welt. Knapp 5 Millionen davon, also etwa ein Viertel, wurden von dem schrecklichen Krieg in Syrien vertrieben – aus ihren Häusern, Leben und ihrer gewohnten Umgebung. Über 650.000 Syrer fanden Zuflucht im Nachbarland Jordanien – das entspricht allen Einwohnern der Stadt Bremen.
Führt euch nochmal vor Augen: diese Syrer haben nicht freiwillig ihre Heimat verlassen, sondern wurden von Krieg und Zerstörung dazu gezwungen. Sie hatten Angst um ihre Sicherheit, um ihre Kinder und Familien. Sie haben ihr Zuhause, ihre Existenz und oft genug auch Freunde oder Verwandte durch den Krieg verloren. Nun müssen sie Mittel und Wege finden, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden. Viele Syrer in Jordanien leben in Flüchtlingslagern, regelrechte Zeltstädte, die mitten in der Wüste aus dem Boden gestampft wurden. Fernab von jeglicher Zivilisation, haben Flüchtlinge hier tagtäglich mit der Knappheit von Wasser, Essen, Gesundheitsversorgung und Strom zu kämpfen.
Capoeira4Refugees, zu Deutsch: Capoeira für Flüchtlinge, glaubt fest daran, dass humanitäre Hilfe über die grundlegende Versorgung mit Zelten, Essen, Strom, usw hinausgehen sollte. Wir finden, es ist essentiell, sich auch um die körperliche und vor allem geistige Gesundheit von Flüchtlingen zu kümmern. So viele Flüchtlinge sind traumatisiert von dem, was sie erlebt haben, doch es bestehen wenige Anlaufstellen, wo sie über ihre Erinnerungen, Ängste, Sorgen, und Bedürfnisse sprechen können und Hilfe bekommen. Dafür sind wir da!
Tarek gründete die Organisation Capoeira4Refugees 2007 in Damascus, Syrien. Als er auf den Straßen Capoeira spielte, kamen immer mehr Kinder dazu und wollten mit ihm gemeinsam spielen. Er merkte, dass Capoeira nicht nur Spaß machte, sondern den Kindern aus oft verarmten Gebieten oder schwierigen sozialen Verhältnissen half, ihre Frustrationen und Ängste gesund zu verarbeiten, loszulassen, und einfach mal wieder Kind zu sein. Damit war Capoeira4Refugees geboren. Anfangs arbeitete Tarek nur mit Straßenkindern, später auch mit Flüchtlingen, Waisen, und Frauen in Gefängnissen und Frauenhäusern. Die Resonanz war super, und die Arbeit zeigte tolle Resultate. Mit Beginn des Krieges, musste C4R Syrien 2011 verlassen, aber wir boten weiterhin Capoeira für Flüchtlinge in Palästina an, und sind seit 2014 auch in Jordanien. Dort arbeiten wir in Flüchtlingslagern wie Azraq oder Za’atari, ebenso wie in städtischen Gemeindezentren.
Die Kinder und Jugendlichen, mit denen wir arbeiten, sitzen in den eingezäunten Flüchtlingslagern fest, sie warten und hoffen darauf, bald wieder in ihre Heimat zurückzukönnen. Oft warten sie für Monate, Jahre, Jahrzehnte. Wir bieten diesen Flüchtlingen eine Möglichkeit, friedlich zusammenzukommen, zu spielen, zu singen, musizieren, und vor allem: Spaß zu haben und zu lachen. Eine neue Gemeinschaft entsteht, durch gemeinsame Aktivitäten, die Spaß, Spiel und Sport in das Leben von denen bringen, die tagtäglich mit Kriegstraumata zu kämpfen haben.
“Ich liebe Capoeira, und es macht mich unendlich glücklich. Wenn ich gleich nach Hause gehe, werde ich meinen jüngeren Geschwistern sofort die neuen Bewegungen beibringen”
Student, 14 Aqzaq Refugee Camp, Jordan
C4R nutzt die einzigartige Kunstform Capoeira um einen sicheren Raum zu kreieren, in dem verletzliche, von Krieg und Konflikt beeinträchtigte junge Menschen positiven Wandel für ihre Gesellschaft schaffen und erleben, und sich selbst gesund entwickeln können.
Wir sind nachweislich sehr erfolgreich darin, junge Flüchtlinge zu erreichen und einzubeziehen, mit denen es oft schwierig ist zu arbeiten durch ihre traumatischen Erfahrungen. Während unserer Capoeirastunden können Teilnehmer sich an Diskussionsrunden und Aktivitäten beteiligen, die ihnen nahebringen sollen, wie sie mit den Herausforderungen ihres täglichen Lebens besser umgehen können. Das kann Themen betreffen wie zum Beispiel, wie man friedlich Probleme löst, wie man mit Stress und Unsicherheiten besser zurechtkommt, wie wichtig Bildung für Jungen wie auch Mädchen ist, oder auch Fragen zu Gewaltlosigkeit oder Geschlechtergleichhheit.
“Als ich das erste Mal zu C4R’s Capoeiraklasse kam, hatte ich keine Ahnung, was Capoeira ist. Aber es war etwas Neues, und das hat mich neugierig gemacht. Ich probierte es und hab‘ mich verliebt – in die Musik, die Bewegungen, den Zusammenhalt. Jetzt habe ich ein Ziel: ich will später unbedingt Capoeiratrainer werden!”
Student 13 Zaatri Refugee Camp, Jordan
Lernen durch Beobachten und selbst-Erleben erlaubt es traumatisierten Jugendlichen die Herausforderungen des täglichen Lebens im Flüchtlingslager besser zu bewältigen. Wir fördern junge Flüchtlinge in ihrem Selbstbewusstsein und Stolz auf sich und was sie erreicht haben, und bringen ihnen bei, Weltoffenheit, Toleranz und Respekt gegenüber anderen zu zeigen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, sozialem Status, Ethnie oder physischer Kondition. Das ist das Schöne an Capoeira: Jeder kann es spielen, jeder ist als Gleichberechtigter herzlich willkommen. Es gibt keine Gewinner und keine Verlierer.
Wir wissen, dass Menschen, um sich nach Zerstörung und Krieg wieder eine Zukunft aufzubauen, insbesondere eines brauchen: Mut und Hoffnung. Mut, um einen Schritt weiterzugehen, um etwas gemeinschaftlich zu tun, und Hoffnung – auf eine friedliche Zukunft, auf etwas Besseres. Und genau dafür sind wir bei Capeoira4Refugees da.
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